Station 4 – Rathausvorplatz, Engel der Kulturen

Beiträge der Klasse 11a/b
und der AG Schule ohne Rassismus
der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule

Der 9. November – ein „deutscher Schicksalstag“?

Der 9. November – kein anderes Datum der deutschen Geschichte ist mit so vielen einschneidenden und gleichzeitig völlig unterschiedlichen Ereignissen besetzt. Mit der Novemberrevolution 1918, die zur Ausrufung der Republik und zum Ende der Monarchie in Deutschland führt, wird der Tag erstmals zum historischen Symbol – für den Beginn der Weimarer Demokratie.
Dazu mehr im Podcast „Novemberrevolution“ von Tom.
Dementsprechend wählte Adolf Hitler dieses symbolhafte Datum wohl bewusst für seinen Putschversuch vom 9. November 1923, welcher sich eben gerade gegen diese Demokratie wandte.
Dazu mehr im Podcast „Hitlerputsch“ von Filine, Rike, Anne und Luna.
Auch die „Novemberpogrome“ 1938, die Damian, Rabea, Selma und Medina in einem Video erläutern, standen wiederum im Zusammenhang mit den jährlichen Münchener NSDAP-Feierlichkeiten für „die Gefallenen der Bewegung“, also den beim Hitlerputsch ums Leben gekommenen Nationalsozialisten. 

Und das gescheiterte Attentat Georg Elsers auf Adolf Hitler 1939 geschah vermutlich deshalb am 8. November, weil Hitler erneut den historischen Tag nutzte, um vor seinen Anhängern im Münchner „Bürgerbräukeller“ zu sprechen. Die Folgen erstreckten sich weit in den 9. November hinein – wie Melanie in ihrem Podcast „Georg Elser“ erklärt.

Am Ende der historischen Ereignisse des 9. Novembers steht erneut die Hinwendung zur Demokratie mit der „friedlichen Revolution“ und dem Sturz der Mauer 1989.
Zu den Hintergründen und Ereignissen informiert das Padlet von Felix, Sophie, Madeleine und Julius.

Welche Fragen, welche Aufgaben leiten wir aus diesen historischen Ereignissen ab? Und ist der 9. November nun ein Schicksalstag?
Dazu beziehen die beiden Texte „Empört euch!“ und „Ein Schicksalstag?“ aus der Klasse 11a/b Stellung.
Viel Freude beim Hören und Lesen!

Quellenangabe für die historischen Zusammenhänge: Vergleiche W. Niess: Der 9. November – Die Deutschen und ihr Schicksalstag, München 2021, S. 7-12.

Podcast zur Novemberrevolution 1918

Von Tom & Team

Podcast zum Hitler-Ludendorff-Putsch 1923

Von Rike, Anne, Luna & Filine

Filmbeitrag zu den
Novemberpogromen 1938

Von Damian & Team

Podcast zum gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler durch Georg Elser 1939

https://anchor.fm/melli09/episodes/Georg-Elsers-Attentat-auf-Hitler-e19ho44/a-a58f1c

Padlet zum Mauerfall 1989

https://padlet.com/kaminfeuer2020/draighose3m4kzyy

Von Felix & Team

Empört euch!

Ich bin kein großer Philosoph, kein Autor von fesselnden Romanen oder ein Journalist mit spannenden Geschichten aus aller Welt.
Nein, ich bin keiner von diesen. Ich bin nur ein jemand, aus einer kleinen Stadt in Norddeutschland und knappe 17 Jahre alt.
Und obwohl ich weder erwachsen, noch alt genug bin um überhaupt etwas über die Welt oder das Leben zu wissen, konnte ich, auch wenn ich noch so jung bin, kaum alt genug um legal einen Kasten Bier an der Tankstelle zu kaufen, schon ein paar Dinge lernen und einige Feststellungen und Vermutungen über diese Welt und das Leben machen.
Diese Welt ist groß, das steht für mich fest und das Leben an sich ist so bunt, dass es vermutlich mehr Zeit braucht um alles zu erleben, als ich oder irgendjemand anderes Zeit hat.
Und obwohl das Leben und die Welt so farbenfroh erscheinen, gibt es doch Dinge, die einen dunklen Schleier darüber legen.

Die Gesellschaft von heute ist eigentlich viel weiter in Sachen Akzeptanz und Toleranz als noch vor wenigen Jahrzehnten und doch noch so weit davon entfernt davon, gerecht zu sein.
Heute gibt es die gleichgeschlechtliche Ehe, die Black-Life-Matter- Bewegung und so vieles mehr, was vor 50 oder 60 Jahren noch unvorstellbar wirkte und es scheint als würden die Menschen tatsächlich einmal zusammenarbeiten. Doch leider trügt der Schein.
Denn die Gesellschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, jedem zu sagen, was er zu tun oder zu lassen, was er zu sein oder nicht zu sein, was er zu wollen und was er nicht zu wollen hat.
Bist du ein Mann der auch mal Gefühle zeigt, anstatt wie ein Stein einfach nur in der Gegend herum zu oxidieren heißt es: „Sei ein Mann, keine Memme!“.
Bist du eine Frau, die lieber Karriere statt Kinder will heißt es: „Warte ab, irgendwann wirst du auch welche wollen.“, oder auch gerne: „Deine biologische Uhr tickt aber…“.
Und wenn du in sonst irgendeiner Weise, in keine der gesellschaftlichen Schubladen passt, wissen leider viel zu viele Menschen nicht, was sie damit anfangen sollen.
Und was passiert, wenn Menschen nichts mit einer Gruppe von Menschen anzufangen wissen, besonders wenn diese dann auch noch eine Minderheit sind?
Genau, sie hassen. Sie hassen so, wie nur Menschen hassen können, heute meistens nicht mehr nur durch verbale Kommunikation, sondern Dank sozialer Medien, wie Facebook, Twitter oder Instergram auch online und so, dass die ganze Welt an ihrem Hass teilhaben kann.
Dieser Hass, denn die Menschen so willentlich und großzügig im Internet verbreiten, ist meistens unverständlich, ungerechtfertigt und vollkommen willkürlich. Erschreckend ist hierbei das Maß an Unverfrorenheit und Unverschämtheit, mit der diese das Leben einer anderen Person, eines anderen Menschen willentlich zerstören.
Und gerade wir hier in Deutschland, wir die eigentlich wissen sollten, dass solch willkürlicher und unbegründeter Hass schreckliche Folgen haben kann, das wir dies immer noch zulassen und teilweise sogar mit Beiträgen unterstützen…
Die schrecklichen Folgen eines solchen Hasses wurden schon oft in der Geschichte deutlich beispielsweise am 09. November. 1938, der Reichspogromnacht. In dieser schrecklichen Nacht, wurden aus unbegründetem, willkürlichem Hass, in einer gemeinschaftlich organisierten Aktion, die Besitztümer, Läden und Häuser von Juden zerstört und sogar Menschen des jüdischen Glaubens direkt angegriffen.
Es war der Höhepunkt des Antisemitismus und eines der dunkelsten Kapitel in der deutschen Geschichte.

Eigentlich sollten wir also daraus gelernt haben, dass Hass nur zu mehr Hass und letztendlich zu viel Tod und Leid führen kann.
Warum bekämpfen wir uns also trotzdem gegenseitig?
Natürlich ist einer der Gründe hierfür, dass wir uns immer gegenseitig überwachen und kontrollieren wollen.
Jeder will ein Stück weit Kontrolle und auch Macht haben und trägt so meist dazu bei, die schon jetzt festgefahrenen Stigmata weiter zu verfestigen.
Und wieder stellt sich die Frage nach dem Warum?
Warum wollen wir uns gegenseitig immer in Schubladen stecken um die Kontrolle zu behalten.
Dies mag vor tausend Jahren angemessen gewesen sein, um das eigene Überleben zu sichern, aber heute?
Heute sind wir uns alle bewusst darüber, dass jeder Mensch ein Individuum ist. Jeder einzelne von uns ist absolut einzigartig, mit eigenen Fähigkeiten und selbstverständlich auch eigenen Fehlern. Und eigentlich ist das auch total in Ordnung oder das sollte es zumindest sein.
Aber laut den festgefahrenen Rollenbildern und den Erwartungen, sollen wir perfekt sein, wir alle sollen die perfekten Menschen sein, obwohl es so etwas wie den „perfekten Menschen“ nicht gibt. Perfekt ist ein Maßstab den kein Mensch jemals erreichen wird, denn perfekt sein bedeutet, keine Fehler zu machen oder zu haben.
Und was wären wir Menschen ohne unsere Fehler?
Unsere Fehler sind zum Teil das, was und menschlich macht.
Unsere verschiedenen Meinungen und Gedanken und auch unsere Fehler, tragen zur Weiterentwicklung der Gesellschaft bei.
Die perfekten Menschen müssten sich gar nicht weiterentwickeln, denn sie wären schon perfekt.
Aber wir, wir entwickeln uns konstant weiter, zwar nicht nur in positive Richtungen, aber wir entwickeln uns trotzdem weiter.
Und obwohl wir wissen, dass wir diesen Maßstab „perfekt“ nicht erfüllen können, jagen wir ihm trotzdem unser ganzes Leben lang hinterher.
Dabei werden wir selbstverständlich schon mit dem nächsten Kriterium der Gesellschaft oder eher der gesamten Menschheitsgeschichte konfrontiert.
Wir müssen etwas Besonderes sein.
Jeder muss und vor allem will unbedingt und unter allen Umständen etwas Besonderes sein. Aber einfach man selbst zu sein, ist nicht genug. Man muss etwas oder jemand noch nie da Gewesenes sein.
Während wir also versuchen perfekt zu sein und in das Rollenbild der Gesellschaft zu passen, versuchen wir zeitgleich etwas oder jemand besonders Außergewöhnliches zu sein. Hierbei sind schon die Worte „perfekt“ und „besonders“ ein Wiederspruch in sich, denn sobald es mehrere perfekte Menschen gibt, sind diese nichts Besonderes mehr. Auch ist das Wort „außergewöhnlich“ irreführend, da es suggeriert es würde so etwas wie „gewöhnlich“ geben.
Gehen wir also so durchs Leben…?
Wir haben Angst davor, Fehler zu machen, währen wir keinerlei Selbstvertrauen haben und uns die ganze Zeit nach den Erwartungen anderer richten und alle, die nicht in eine Schublade passen ausgrenzen?
Wobei man sich übrigens selbst die meiste Zeit nicht sicher ist, ob man selbst in eine dieser Schubladen passt!?
Wollen wir wirklich so Leben? Wirklich?
Können wir nicht ein Mal das tun was wir wollen und sein wer wir sind, ohne unsere Frustration über die ganzen Zwänge und unsere Fehlschläge indirekt an anderen auszulassen!?

Lasst uns an diesem 09.November dazu aufrufen, zu zeigen, dass wir aus der Vergangenheit gelernt haben und, dass wir es als Gesellschaft besser machen können.
Das niemand etwas zu befürchten hat, wenn er nicht den Standards entspricht.
Das wir frei sind, darin Entscheidungen zu treffen, darin zu finden, zu bestimmen und zu erfinden wer wir sind und wer wir sein wollen.
Und vor allem, dass wir frei darin sind, auch anderen diese Freiheiten einzuräumen.
Also meine lieben Mitmenschen:
Ein bisschen weniger Hass, ein bisschen mehr Gemeinschaft,
ein bisschen mehr Zusammenhalt und am wichtigsten
ein bisschen mehr Freiheit, man selbst zu sein.

„Der Schicksalstag“

Der 9. November. Eigentlich sollte jedem Deutschen dieses Datum bekannt vorkommen. Jeder sollte wissen, was an diesem Tag gesehen ist. Es ist der Tag, an dem so viele wichtige geschichtliche Ereignisse aufeinander treffen wie sonst an keinem anderen Tag.
1918 die Novemberrevolution, dann 1923 der Hitler-Ludendorff-Putsch, 1938 die
Novemberpogrome und 1989 der Fall der Berliner Mauer.
All diese Ereignisse sollten der Bevölkerung ein Begriff sein. Umso schockierender ist es, dass der 9. November immer wieder als „Schicksalstag“ bezeichnet wird. Sowohl von Politikern als auch von öffentlich-rechtlichen Medien.
Ein Schicksal. Laut Wörterbuch: „etwas von einer höheren Macht über jemanden verhängtes, was sich menschlicher Berechnung und menschlichem Einfluss entzieht und das Leben des einzelnen Menschen bestimmt“.
Es entzieht sich also menschlichem Einfluss?
Dabei hatten sich doch bei der Reichspogromnacht Menschen zusammengetan.
Sie plünderten Geschäfte von jüdischen Inhabern, drangen in jüdische Wohnungen ein, misshandelten, vergewaltigten, mordeten; sie zündeten Synagogen an und sie verhafteten Juden und brachten sie in KZs, in denen sie auf grausamste Art starben.
Spätestens an diesem Tag wurde Antisemitismus und Rassismus bis zum Mord staatsoffiziell. Es wurde zum größten Völkermords Europas!
Und das wurde alles durch Menschen in Bewegung gesetzt. Eine höhere Macht gab es schlicht und ergreifend nicht. Es wäre eine Form der Leugnung oder der Verharmlosung, bei solchen Gräueltaten von einer höheren Macht zu sprechen. Man nimmt sich aus der Verantwortung.
Ebenfalls der immer noch kursierende, falsche Name der „Reichskristallnacht“ zeugt von Unwissenheit. Auch das ist verharmlosend.
Bildet Euch! Engagiert Euch! Gebt Euer Wissen weiter!
Jedem sollte klar sein, was an diesem Tag passiert ist. Und dann sollte auch der gesamten Bevölkerung klar sein, dass es kein „Schicksalstag“ ist.
Aber das Lernen aus der Vergangenheit gelingt nicht. Noch immer gibt es in Deutschland Hass und Hetze auf bestimmte Bevölkerungsgruppen. Rechtsextremismus ein immer größer werdendes Problem. Erst gestern hatten sich die NSU Morde zum zehnten Mal gejährt. Und seit dem hat sich die rechtsextreme Szene vergrößert, was man an gruseligen Online-Chatgruppen sehen kann, an dem Mord an Walter Lübcke, an Hanau und auch an Halle.
Um gegen solche Probleme vorzugehen, wäre unter anderem eine Lösung, die Geschichte zum Lernen heranzuziehen. Dafür muss man die Geschichte kennen. Und nicht unter verharmlosenden Begriffen wie „Reichskristallnacht“ und „Schicksalstag“.
Man sollte an diesem Tag den Opfern gedenken und dafür sorgen, dass so etwas, auch nicht in kleinerer Form, nie wieder vorkommt.
Also klärt Eure Mitmenschen auf! Überlegt Euch: wie kann man an diesen Tag gedenken? Ihr seid die Leute, die dafür sorgen müssen, dass so etwas niemals in Vergessenheit gerät. Zum einen für die Opfer und zum anderen, damit so etwas nie wieder passiert.
Gerade die junge Generation ist jetzt zum Handeln aufgerufen. Wie kann es sein, dass im Osten überdurchschnittlich viele junge Leute eine Partei wählen, die Holocaustmahnmale beispielsweise als Schande für unser Land bezeichnet. So sollte es nicht weiter gehen. Wir, als junge Generation, sollten uns unserer Geschichte bewusst sein und sie nicht vergessen und alles tun, damit sie sich nicht wiederholt.
Deshalb: Bildet Euch! Engagiert Euch! Gebt Euer Wissen weiter!

R.K.

Filmbeitrag der AG Schule ohne Rassismus
über die Verfolgung
Homosexueller im Nationalsozialismus

Von der AG Schule ohne Rassismus der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule